Freitag, 1. Mai 2009

Fünffingerkraut, oder: Wie ich den Freund eines gepflegten Gartens zur Verzweiflung bringe

Eben, zu Beginn, kommt mir der Gedanke, dass der Volksname vielleicht nicht nur von der Form der Blätter herrühren könnte, sondern auch einen kleinen Hinweis auf die Okkupationsfreudigkeit dieser Pflanze in Bezug auf größere Bodenflächen gibt - mit allen fünf Fingern neues Land erobern...

Ich wurde eher zufällig auf das Kriechende Fünffingerkraut (Potentilla reptans) aufmerksam, wobei der Zufall da schon in Anführungszeichen stehen müsste - eine nicht gerade kleine Fläche unseres Grundstücks war beim Erwerb desselben bereits seit längerem erfolgreich vereinnahmt worden.
Wer es kennt, dem ist vielleicht auch der Anblick von Gänsefingerkraut und Blutwurz bekannt, die ebenfalls zur Familie der Rosengewächse gehören. Aber ich will nicht zu botanisch werden ;-)

* * *

Das Fünffingerkraut ist schlicht eine Unterstützung bei Magen- und Darmproblemen, wird auch in der Homöopathie für eben diese Bereiche angewendet.
Nicht nur durch seine Hauptinhaltsstoffe (Gerbstoffe, Tannine) wirkt es adstringierend, wundheilend und allgemein krampflösend.

Tee
Bei uns zuhause findet es als Tee und auch als Tinktur Anwendung.
Die Zubereitung ist recht einfach:

Für den Tee werden 2 TL der getrockneten und zerkleinerten Blätter mit 250 ml kochendem Wasser übergossen - 10 Minuten ziehen lassen, fertig.
2 Tassen täglich sollten genügen. Allerdings müssen diese schon über 1-2 Wochen auch regelmäßig getrunken werden.

Bei Hautproblemen
Umschläge oder Waschungen mit einem starken Tee (doppelte Menge an Kraut) helfen bei Pickeln und stark geröteter Haut.

Tinktur
Die Herstellung der Tinktur erfordert etwas Geduld, bietet sich aber besonders an, wenn man das Kraut an bestimmten Stellen einfach mal ganz loswerden möchte - also mitsamt der Wurzel. Denn diese wird nämlich benötigt.
Nachdem die Wurzeln gesäubert (unter fließendem Wasser kurz abreiben) und getrocknet wurden, werden sie (ungefähr eine Hand voll) mit dem berühmt-berüchtigten hochprozentigen Alkohol übergossen (ich nehme dazu 38%igen Doppelkorn vom Discounter meines Vertrauens). Wenn ich keine näheren Angaben finden kann, achte ich darauf, dass immer ca. 2cm Alkohol über den Pflanzenteilen stehen.
Nach 2 Wochen verschlossenem Ziehen lassen wird die Tinktur gefiltert, die Wurzeln dabei mit der Hand ausgepresst.
Leider sind wir noch nicht ganz fertig:
Jetzt kommen ungefähr 4 EL zerkleinerte frische Fingerkrautblätter hinzu (oder getrocknete, dann aber nur 2 EL) und wir lassen das Ganze nochmals zwei Wochen ziehen.
Als hätte man es geahnt - der Kaffeefilter kommt wieder zum Einsatz und jetzt ist die Tinktur auch fertig.

Ich habe die Tinktur erst zweimal bei mir selbst eingesetzt und dabei 15 Tropfen täglich bis zum Abklingen der Beschwerden (in meinem Fall drei Tage) genommen.

Grundsätzlich
All diese Infos sollen natürlich keine Anleitung zum wilden Herumexperimentieren mit der eigenen Gesundheit sein. Auch Pflanzenextrakte sind kein harmloses Spielzeug, sondern Chemie pur. Und bei anhaltenden Beschwerden ist IMMER der Gang zum Arzt angesagt!

Historisches
Bereits die griechischen Ärzte setzten das Fünffingerkraut zur Behandlung auch bei Entzündungen (durch die fiebersenkende und adstringierende Wirkung), Drüsenschwellungen und Zahnschmerzen ein.
Auch Paracelsus gab das Kraut als Mittel bei Zahnschmerzen an, ebenso zur Festigung lockerer Zähne.

Gelesen
Die innerliche Anwendung von Fünffingerkraut als Tee oder Tinktur soll (da es das Blut dünnflüssiger macht) bei Krampfadern empfehlenswert sein.

Sammelzeit:
Blätter im Frühling und im Sommer, Wurzeln im Herbst
Pflanzenteile:
Blätter und Wurzeln

9 Kommentare:

  1. Oh ja...das mit dem "zur Verzweiflung bringen" stimmt 100 %ig.
    Zumal es sich so wunderbar "unterirdisch verzweigt".....bös guck....ich könnte davon eine Plantage aufmachen....:o)).
    LG
    Birgit

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  2. Hm, ich glaube nun weiss ich in welcher Familie ich mein mich traumatisierendes Wildkraut zu suchen habe. Werde nachher gleich mal weiter googeln. Hat das Fünffingerkraut auch sehr lange Pfahlwurzeln? Ich kämpfe im wahrsten Sinne des Wortes gegen ein ganz ähnliches "Kraut", dass ein paar hundert Quadratmeter unseres Gartens bevölkert hat und auch mit Ausstechen nicht im Zaume zu halten ist. Du hast mir weitergeholfen in meiner Namenssuche. Danke!
    Lieben Gruss, Barbara

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  3. Lieber Kräuterich,
    du beschäftigst dich ja mit interessanten Themen. Eben erst habe ich die Vogelmiere gejätet. Hätte ich mal früher in meinen Blog geschaut, hätte ich entdeckt, was man da alles draus hätte machen können. Das Fünffingerkraut ist jetzt nicht so die Plage in unserem Garten, aber ich bin gespannt darauf, was du zum Giersch zu sagen hast. Dass es kein Unkraut gibt finde ich übrigens auch. Und auf dem Gartenmarkt bin ich wohl auch an deinem Stand vorbeigelaufen. Schönes Wochenende und Grüße von Ute

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  4. So ist das - verrückt - wir reißen es aus als "Unkraut" und kaufen dann die teuren weißen Pillen. Danke für diesen schönen Post. Mit Giersch habe ich heute wieder so meine Gartenwut besänftigt - er hatte seine gelben Blüten /Butterblumen schön nach oben schiessen lassen und ich habe Herzbluten die Pracht herauszuziehn, doch es muss sein.
    Giersch kann man doch essen - oder?
    LG
    Aiko - bzw. sein Frauchen Annemarie

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  5. Ich antworte ausnahmsweise mal "gesammelt".
    Liebe Ute, liebe Annemarie,
    da mich gleich zwei auf den Giersch ansprechen (den wollte ich in diesen Tagen vorstellen), vorab auf die Schnelle Kurzinfos dazu: Ja, Giersch ist ess-/verwendbar; es finden aber nur die Blätter Anwendung. Vorsicht beim Pflücken: Giersch kann mit dem (hochgiftigen!) Schierling verwechselt werden.

    LG
    Der Kräuterich

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  6. Hallo Kräuterich,

    und wieder ein sehr interessanter Beitrag. Ich hätte eine Bitte: Falls ihr ein paar Pflänzchen Potentilla reptans entbehren könntet, ich würde mich sooo freuen, wenn sie in Gunsenum einziehen könnten (Akaleia wahrscheinlich auch) :-)

    Annemarie, Giersch blüht weiß, wüßte jetzt auch nicht, daß es gelb blühenden Giersch gäbe.

    Liebe Grüße
    Petra Michaela

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  7. ...wenn du so weitermachst, esse ich bald meinen ganzen Garten auf...

    Wie blüht den Potentilla repens? Gelb?

    Ich habe bei mir so eine komische Scheinerdbeere, die hat ein ähnlich ungebremstes Wuchsverhalten.

    Viele Grüße
    gruenzeux

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  8. Ich finde die Potentilla sehr schön, man kann ja fast alles irgendwie im Zaum halten, Giersch vielleicht nicht. Die Scheinerdbeere von Grünzeux haben wir auch, ich finde sie hübsch.

    Al

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  9. Deine Ausführungen zum Fünffingerkraut, sind für mich sehr wertvoll. Ich mache ja hier am Kaiserstuhl Wildkräuterwanderungen ohne die Wirkungen als Heilkrauter zu erklären, dafür bedarf es besonderer Ausbildung. Aber immer wieder taucht natürlich die Frage nach Anwendungen auf, dann kann ich ein wenig mehr dazu sagen.
    Lieber Gruß
    von Edith

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