Montag, 1. Juni 2009

Guck mal, wer da stinkt!

Lateinische Wörter haben ja von Natur aus schon etwas Erhabenes, beim Geranium robertianum ist es fast ein notwendiger "Wohlfühlausgleich" zum deutschen Volksnamen "Stinkender Storchschnabel".
In der Tat riecht dieses Gewächs nicht eben liebenswert, hat dafür aber außer der wohlklingenden lateinischen Bezeichnung auch wunderhübsche Blüten, die schlicht und bescheiden oftmals unter den Blättern versteckt sind.
Zu beachten ist, dass nur der "echte" Storchschnabel verwendet wird, nicht z.B. der Wiesenstorchschnabel mit seinen himmelblauen Blüten.

Gesammelt wird das ganze Kraut während der Blüte, nach dem Trocknen zerkleinere ich es grob.

Verwendung
Was macht man nun damit?
Storchschnabel wirkt allgemein stopfend, blutreinigend und ziehend, weshalb er auch bei folgenden Beschwerden in der Naturheilkunde und Volksmedizin Verwendung findet:
Durchfall, Magenentzündungen, Hautleiden und Ausschläge.

Tee
Auf einen 1/4 ltr. kochendes Wasser nimmt man 1 TL vom getrockneten und zerkleinerten Kraut und lässt 5 Minuten ziehen. Zwei Tassen pro Tag werden vor den Mahlzeiten getrunken.

Umschläge bei Hautleiden
Bei Flechten oder Ekzemen kann ein starker Tee als Badezusatz verwendet werden, ebenso hilfreich ist eine Einreibung mit der Tinktur oder Essenz.

Essenz & Tinktur für Magen und Haut
Die eben angesprochenen Auszüge lassen sich folgendermaßen herstellen:

Für die Tinktur:
20 g getrocknetes Kraut und auch Wurzeln mischen, mit 0,1 ltr. hochprozentigem Alkohol ansetzen (mind. 40%, besser 60-70%), nach 1 Woche abfiltern.

Für die Essenz:
Ich habe dazu ungefähr eine gute Handvoll frische Blätter mit 38-40%-prozentigem Alkohol übergossen (1 Handbreit sollte der Alkohol über den Blättern stehen). Im Einmach- oder sonstigen weithalsigen Glas 3 Wochen sonnig stehen lassen, regelmäßig schütteln und dann abfiltern. 20 Tropfen am Tag helfen bei den typischen Sommerdurchfällen; auch bei Magenentzündungen soll die Essenz gut sein, womit ich allerdings selbst bisher keine Erfahrungen habe. Empfindsame Mägen sollten behutsam damit umgehen - die enthaltenen Gerbstoffe können den Magen bei höherer Dosierung belasten.

Nerven- und Gliederschmerzen
Aus mehreren Quellen entnahm ich, dass Storchschnabel - als zerdrücktes Kraut aufgetragen - bei Augenentzündungen, Nervenentzündungen in den Füßen und zur Schmerzlinderung geschwollener Glieder helfen soll.

Historisches
Bereits im Mittelalter fand der Storchschnabel als "Gottesgnadenkraut" vielfältige Anwendung. Von Zahnschmerzen bis hin zu Schwermut und Unfruchtbarkeit reichte der Behandungseinsatz. Früher wurde u.a. auch Milzbrand (Rotlauf) bei Tieren damit behandelt.

Sammelzeit:
Mai bis September
Pflanzenteile:
Das blühende Kraut

Samstag, 16. Mai 2009

Gefürchteter Giersch gegen geduldete Gundelrebe

Wer kennt es nicht - Heinz Erhardts berühmtes "Theaterstück in G" - ob er wohl Pflanzenliebhaber war...?

Diese beiden "Pflänzchen" hier haben einiges gemeinsam:

Gefürchtetes Gartengewächs gramvoll geduldet?

"Geh, Giersch!" geifert genervte/r Gartenfreund/in, "Gräßliches Gewächs gibt's grad genug!"
- "Gundermann, gar gierige Gundel!" giftet Gärtner, "gegnerisches Grünzeug gewiss genug gewachsen!"

Und dabei sind sie so hilfreich...

* * *


Der Giersch (Aegopodium podagraria) lässt sich ganz wunderbar als Wildsalat oder Wildspinat verwenden (man sollte dabei die jüngeren Blätter nehmen). In einem meiner Lieblingsbücher habe ich den Hinweis gefunden, dass Giersch überall dort, wo Petersilie passt, auch als Gewürz schmecken soll.
Reich an wichtigen Inhaltsstoffen wie Calcium, Magnesium, Phosphor und Vitamin C, ist er ein idealer Begleiter jeder Frühjahrskur.

Tee
Auch als Tee hat er entgiftende und blutreinigende Wirkung:
Für 1/4 ltr. kochendes Wasser nimmt man 2 EL frische zerkleinerte Blätter, übergießt diese und lässt 5 Minuten ziehen.
Die typische Tee-Kur: 14 Tage lang 3 Tassen täglich.

Giersch unterwegs
Ist man unterwegs und es plagt ein plötzlicher Insektenstich, hilft meist das Einreiben mit einem frisch zerquetschtem Blatt gegen Anschwellen.

Vorsicht!
Giersch kann vom Aussehen her mit hochgiftigen Doldenblütlern (z.B. Schierling) verwechselt werden (wenn die auch an verschiedenen Plätzen gedeihen), also sollte man sich sicher sein, was man da gerade in der Hand hält.
Aber man sollte ja sowieso nur das pflücken, was man auch wirklich kennt, nicht wahr?

Sammelzeit:
März bis September
Pflanzenteile:
Blätter

* * *


Die Gundelrebe, oder auch Gundermann genannt (Glechoma hederacea), breitet sich nicht gar so heftig aus und blüht auch hübscher.

Gemüse & Salat
Wir haben zuhause die gewaschenen Blätter in Butter in der Pfanne gedünstet und mit Salz und Pfeffer gewürzt. Wer Grünkohl mag, wird Gundelrebengemüse geradezu lieben!
Wer es nicht so mag, kann sich damit trösten, dass Gundelrebe in manchen Nobelrestaurants als teure Delikatesse angepriesen wird...

Dieses Kräutlein hat aber noch viel mehr Anwendungsgebiete, nämlich:

Kosmetik
Da das ganze Kraut verwendet werden kann, nimmt man einfach eine Handvoll davon, kocht mit 1/2 ltr. Wasser einen starken Absud (mit dem kochenden Wasser übergießen, kurz ziehen lassen und abseihen). Als Gesichtswasser tut dies gute Dienste - es entfernt Unreinheiten und klärt die Haut.

Gesundheit
Gundelrebe enthält Vitamin C, Kalium, Gerbstoffe und ist schleimlösend und magenwirksam. Die enthaltenen Saponine wirken entzündungshemmend und binden Cholesterin. Saponine sind ein Kapitel für sich, wer nähere Informationen dazu sucht, dem sei der Artikel bei Wikipedia empfohlen.

Historisches
Schon bei den Germanen war Gundelrebe bekannt, und zwar als Zauberkraut. Bis hinein in die jüngste Vergangenheit ranken sich Mythen als milchbildendes Wunderkraut bei Mensch und Tier.

Sammelzeit:
April bis Juni (Blütezeit) und wann immer man frische Blätter finden kann
Pflanzenteile:
Blätter, Blüten, Kraut

Freitag, 1. Mai 2009

Fünffingerkraut, oder: Wie ich den Freund eines gepflegten Gartens zur Verzweiflung bringe

Eben, zu Beginn, kommt mir der Gedanke, dass der Volksname vielleicht nicht nur von der Form der Blätter herrühren könnte, sondern auch einen kleinen Hinweis auf die Okkupationsfreudigkeit dieser Pflanze in Bezug auf größere Bodenflächen gibt - mit allen fünf Fingern neues Land erobern...

Ich wurde eher zufällig auf das Kriechende Fünffingerkraut (Potentilla reptans) aufmerksam, wobei der Zufall da schon in Anführungszeichen stehen müsste - eine nicht gerade kleine Fläche unseres Grundstücks war beim Erwerb desselben bereits seit längerem erfolgreich vereinnahmt worden.
Wer es kennt, dem ist vielleicht auch der Anblick von Gänsefingerkraut und Blutwurz bekannt, die ebenfalls zur Familie der Rosengewächse gehören. Aber ich will nicht zu botanisch werden ;-)

* * *

Das Fünffingerkraut ist schlicht eine Unterstützung bei Magen- und Darmproblemen, wird auch in der Homöopathie für eben diese Bereiche angewendet.
Nicht nur durch seine Hauptinhaltsstoffe (Gerbstoffe, Tannine) wirkt es adstringierend, wundheilend und allgemein krampflösend.

Tee
Bei uns zuhause findet es als Tee und auch als Tinktur Anwendung.
Die Zubereitung ist recht einfach:

Für den Tee werden 2 TL der getrockneten und zerkleinerten Blätter mit 250 ml kochendem Wasser übergossen - 10 Minuten ziehen lassen, fertig.
2 Tassen täglich sollten genügen. Allerdings müssen diese schon über 1-2 Wochen auch regelmäßig getrunken werden.

Bei Hautproblemen
Umschläge oder Waschungen mit einem starken Tee (doppelte Menge an Kraut) helfen bei Pickeln und stark geröteter Haut.

Tinktur
Die Herstellung der Tinktur erfordert etwas Geduld, bietet sich aber besonders an, wenn man das Kraut an bestimmten Stellen einfach mal ganz loswerden möchte - also mitsamt der Wurzel. Denn diese wird nämlich benötigt.
Nachdem die Wurzeln gesäubert (unter fließendem Wasser kurz abreiben) und getrocknet wurden, werden sie (ungefähr eine Hand voll) mit dem berühmt-berüchtigten hochprozentigen Alkohol übergossen (ich nehme dazu 38%igen Doppelkorn vom Discounter meines Vertrauens). Wenn ich keine näheren Angaben finden kann, achte ich darauf, dass immer ca. 2cm Alkohol über den Pflanzenteilen stehen.
Nach 2 Wochen verschlossenem Ziehen lassen wird die Tinktur gefiltert, die Wurzeln dabei mit der Hand ausgepresst.
Leider sind wir noch nicht ganz fertig:
Jetzt kommen ungefähr 4 EL zerkleinerte frische Fingerkrautblätter hinzu (oder getrocknete, dann aber nur 2 EL) und wir lassen das Ganze nochmals zwei Wochen ziehen.
Als hätte man es geahnt - der Kaffeefilter kommt wieder zum Einsatz und jetzt ist die Tinktur auch fertig.

Ich habe die Tinktur erst zweimal bei mir selbst eingesetzt und dabei 15 Tropfen täglich bis zum Abklingen der Beschwerden (in meinem Fall drei Tage) genommen.

Grundsätzlich
All diese Infos sollen natürlich keine Anleitung zum wilden Herumexperimentieren mit der eigenen Gesundheit sein. Auch Pflanzenextrakte sind kein harmloses Spielzeug, sondern Chemie pur. Und bei anhaltenden Beschwerden ist IMMER der Gang zum Arzt angesagt!

Historisches
Bereits die griechischen Ärzte setzten das Fünffingerkraut zur Behandlung auch bei Entzündungen (durch die fiebersenkende und adstringierende Wirkung), Drüsenschwellungen und Zahnschmerzen ein.
Auch Paracelsus gab das Kraut als Mittel bei Zahnschmerzen an, ebenso zur Festigung lockerer Zähne.

Gelesen
Die innerliche Anwendung von Fünffingerkraut als Tee oder Tinktur soll (da es das Blut dünnflüssiger macht) bei Krampfadern empfehlenswert sein.

Sammelzeit:
Blätter im Frühling und im Sommer, Wurzeln im Herbst
Pflanzenteile:
Blätter und Wurzeln

Donnerstag, 16. April 2009

Ehrlich und selbstbewusst - der Löwenzahn

Löwenzahn in voller Blüte"Seht her, da bin ich!" scheint er zu sagen, ohne Scheu, unübersehbar und geradeheraus.
Auf einem kräftigen Stengel sitzt keck nach oben gereckt die Blüte, deren Farbe dem Löwenzahn (Taraxacum officinale) im Volksmund unter anderem auch den Namen "Dotterblume" einbrachte.
Mir persönlich gefällt der Name "Apothekerkraut" ganz besonders und das hat seinen guten Grund, denn:
Es lassen sich beim Löwenzahn alle Pflanzenteile verwenden und er hat -richtig angewendet- nicht nur antirheumatische Eigenschaften, sondern ist auch gallebildend und gallenflußfördernd, stoffwechselanregend und leberstärkend.
Löwenzahn ist reich an Mineralstoffen (Magnesium, Kalzium, Eisen), Vitaminen und Enzymen und ist im Frühjahr als Kur geradezu ein Jungbrunnen für Bindegewebe, Leber und Niere.
Die jungen Blätter sind eine Bereicherung jedes Salates, können auch gekocht werden und schmecken dann ähnlich wie Spinat.

Löwenzahntee
Als Tee für die Frühjahrskur verwendet man das Kraut oder die Wurzel (ca. 1-2 TL) in 1/4 ltr. kaltem Wasser, kocht auf und lässt 15 Minuten ziehen. Entweder abseihen, oder (was ich bevorzuge) man verwendet Teebeutel wie für schwarzen Tee, was das Handling einfacher macht - rausnehmen und fertig. Davon nimmt man 3 Tassen täglich zu sich, und das über einen Zeitraum von ca. 14 Tagen.

Röhrlsalat
Als Kind wurde mir immer gesagt: "Löwenzahn darfst Du nicht pflücken, die Milch im Stengel ist giftig!"
Das scheint Unsinn gewesen zu sein, denn ich habe mittlerweile viele Rezepte für den so genannten "Kärnter Röhrlsalat" gesehen, bei denen eben diese Stengel ähnlich wie Schnittlauch geschnitten und mit einer genehmen Marinade gewürzt werden.
Bei zuviel des Guten sollen allerdings vereinzelt auch Bauchschmerzen auftreten. Nun, das passiert auch bei 3 Tafeln Schokolade...

Löwenzahnlikör
Was ich nun bereits im 2. Jahr herstelle, ist der Löwenzahnlikör.
Das Rezept ist denkbar einfach:

• 0,5 ltr. hochprozentiger Korn (Doppelkorn) mind. 38%
• 50 Löwenzahnblüten
• 250 gr brauner Zucker (Rohrohrzucker)

Die Blüten in einem weithalsigen Gefäß (z.B. Einmachglas) mit dem Korn übergießen (wer hätte das gedacht...) und ca. 14 Tage verschlossen möglichst warm stehen lassen. Alle 2-3 Tage schütteln.
Der Zucker wird in 0,5 ltr. kochendem Wasser aufgelöst und kurz eingekocht. Ich lasse ihm recht wenig Zeit (Männer sind da etwas ungeduldig) und gebe maximal 5 Minuten.
Während der Zuckersirup abkühlt, filtere ich in aller Ruhe (Kaffeefilter) den Ansatz und gebe später den Sirup dazu. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es nicht von Nachteil ist, den Likör nun noch 1-2 Stunden ruhen zu lassen.
Der Rest ist reine Fleißarbeit mit dem Trichter: In Flaschen abfüllen.

Je länger der Likör nun ziehen/reifen kann, desto besser und runder schmeckt er.
Da die Geschmäcker verschieden sind, empfehle ich, eine kleine Flaschenabfüllung als "Testflasche" zu verwenden, aus der immer wieder mal ein Gläschen zum Probieren entnommen wird. So entwickelt man schnell ein Gefühl für die Reifung des selbst Hergestellten. Mir persönlich schmeckte er erst nach mehreren Monaten so richtig gut.

Zum Sammeln sollte man sich natürlich auf keinen Fall solche "tollen" Orte wie Straßenränder, Wegränder (Hundebesitzer wissen, wovon ich rede) oder die unmittelbare Nähe von landwirtschaftlichen Flächen aussuchen (Dünge- und Pflanzenschutzmittel).

Historisches
Obwohl der Löwenzahn so bekannt und weit verbreitet ist, weiß man über die Herkunft des Namens recht wenig.
Der Milchsaft des Löwenzahns wurde früher zur Behandlung von Augenkrankheiten verwendet (griechisch taraxis = „Augenentzündung“, Quelle: Wikipedia).
Es ist nicht einmal sicher, wer den heute offiziellen Gattungsnamen geprägt hat. Nur in der deutschen Ausgabe des Kräuterbuchs von 1578 findet sich der Text:
Das Pfaffenrörlin.. ..und heyszt den officinis Dens leonis, und taraxacon, altaraxacon..

Sammelzeit: Kraut ganzjährig, Wurzel Frühjahr und Herbst, Blüten März/April
Pflanzenteile: Blätter, Blüten Wurzel